Was ist eigentlich ein erfüllender Job?

Kennst du das? Dein Herz schlägt bereits Sonntag Abend voller Vorfreude auf die kommende Arbeitswoche höher? Wenn ja, dann liegt das wahrscheinlich daran, dass du sowohl Sinnhaftigkeit als auch Erfüllung in deiner täglichen Arbeit findest. Das klingt für dich utopisch? In der Tat ist es nicht so einfach, eine berufliche Tätigkeit zu finden, welche diese beiden Bedürfnisse bedient - doch es ist möglich! In diesem Artikel gehen wir der Frage, was einen sinnerfüllten Job wirklich ausmacht, tiefer auf den Grund und geben dir Tipps an die Hand, um berufliche Erfüllung und Sinnhaftigkeit für dich zu definieren und zu finden.
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von Jana Hansl, 23. Juni 2022 um 12:43

Was genau meinen wir eigentlich, wenn wir von »sinnvollen Jobs« oder »erfüllender Arbeit« sprechen? Und bedeutet das eine auch automatisch immer das andere?

Wenn ein Krankenpfleger zum Beispiel unterbezahlt und überarbeitet ist, kann man wohl kaum von »beruflicher Erfüllung« sprechen, auch wenn seine Tätigkeit noch so sinnvoll ist. Und gleichzeitig trägt der Job einer Managerin in einem Tabak- oder Waffenkonzern nicht zur Verbesserung der Gesellschaft bei, mag diese ihre tägliche Arbeit auch als noch so erfüllend erleben. 

Aber sind sinnvolle Jobs dann ausschließlich bei bei großen Umwelt-NGOs, trendigen Impact-Startups und namhaften Sozialunternehmen zu finden? Und ist die Arbeit dort tatsächlich auch immer erfüllend? 

Die Frage danach, was eigentlich ein »guter« Job ist, kann nur subjektiv und individuell beantwortet werden. Daher ist es gar nicht so einfach, ein allgemeingültiges Rezept für die Suche nach dem perfekten Impact-Job zu kreieren. Dennoch gibt es bestimmte Aspekte, an welchen du dich orientieren kannst. 


Welche Faktoren führen zu einem erfüllten Berufsleben?

Wenn dir Sinnhaftigkeit oder Erfüllung (oder beides) in deiner aktuellen beruflichen Situation fehlt, dann liegt das womöglich daran, dass du mehrere der folgenden Fragen nicht mit »Ja« beantworten kannst. Wenn du gerade auf Jobsuche bist oder dich beruflich neu orientierst, kannst du die folgenden Fragen als Orientierung und Entscheidungshilfe nutzen:


Bringst du mit der Tätigkeit an sich deine individuellen Talente und Stärken zum Ausdruck? 

Hier zeigt sich bereits, wie subjektiv die Definition einer sinnerfüllten Arbeit ist. Erfüllung findest du nämlich dann, wenn du in der täglichen Arbeit als Person aufblühst, wenn du du selbst sein kannst und Dinge tust, die du von Natur aus gut kannst und die dir Freude bereiten. Dies kann für den einen das Kochen leckerer Gerichte sein, für die andere das Kalkulieren von Kosten und für wiederum jemand anderen das Schreiben von Blogartikeln wie diesem hier ;) 


Kreiert die Arbeit, bzw. das Unternehmen, in irgendeiner Art und Weise einen Mehrwert für andere Menschen oder die Gesamtgesellschaft? 

Ein Job wird dann als erfüllend und sinnvoll erlebt, wenn damit ein positiver Beitrag für andere geleistet wird, egal wie groß oder klein dieser auch sein mag. Es spielt auch keine  Rolle, ob du damit auf individueller Ebene anderen Menschen hilfst, wie etwa als Physiotherapeut:in, Bäcker:in oder Lebensberater:in, oder ob du im Controlling für ein Unternehmen arbeitest, das faire und nachhaltige Kleidung produziert. 


Kannst du den Impact deiner Arbeit jeden Tag wahrnehmen?

Hier wird es richtig interessant, denn genau an dieser Frage scheitern viele, die die ersten beiden Fragen noch bejahen können. Ein Psychologe z.B. beobachtet die Fortschritte, die seine Klient:innen machen, aus nächster Nähe und eine Pizzabäckerin blickt jeden Tag in die zufriedenen Gesichter ihrer satten Gäste. Doch wie sieht es bei den Mitarbeiter:innen großer Organisationen aus? Je größer das Unternehmen, desto schwieriger kann es für das Individuum werden, den direkten Impact der eigenen Arbeit tatsächlich zu spüren. 


Wirst du angemessen für deine Arbeit entlohnt?

Wenn Du abends nicht einschlafen kannst, weil du dich fragst, wie du die nächste Miete oder die Klassenfahrt deiner Kinder bezahlen sollst, kann auch der noch so sinnvolle Job keine wahre Erfüllung bringen - auch dann nicht, wenn du deine Tätigkeit liebst. Außerdem ist es psychologisch wichtig, dass der Impact deiner Arbeit auch finanziell wertgeschätzt wird. Das soll nicht heißen, dass wir alle in einer Villa mit Pool und Blick auf die Berge oder in einem Penthouse in der teuersten Stadt leben müssen. Jedoch sollte dein Gehalt deine Lebenskosten decken und dir ermöglichen, jeden Monat noch genug für deine Altersvorsorge sowie für schöne Dinge, wie z.B. Urlaube, Freizeitaktivitäten und die Erfüllung deiner Lebensträume, zur Seite zu legen.


Passen die Rahmenbedingungen des Jobs zu deinen Bedürfnissen und zu deinem Lebensstil? 

Dein Job mag vielleicht gut bezahlt sein und einen positiven Impact haben - doch wie »erfüllend« fühlt sich das in Wahrheit an, wenn er dir nicht die Sicherheit und/oder Flexibilität bietet, die du brauchst? Die langfristige Sicherheit des Arbeitsplatzes, Urlaubstage, flexible Arbeitszeiten und -orte oder die Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers sind nur einige Beispiele für Faktoren, welche einen erheblichen Einfluss darauf haben können, ob du dich mit deinem Job wohl fühlst oder nicht. Denn sind wir einmal ehrlich: So richtig kann man das »Berufsleben« nicht vom »Privatleben« trennen, auch wenn wir das oft (v.a. im deutschsprachigen Raum) so vehement versuchen. Der Job sollte also nicht im Konflikt zu den anderen Lebensbereichen und -zielen stehen.


Fühlst du dich in dem Umfeld, in dem du arbeitest, wohl und gewertschätzt?

Verschiedene Studien zeigen immer wieder, dass überwiegend nicht Jobs, sondern Beziehungen gekündigt werden. Das bedeutet, der Hauptgrund, aus dem die meisten Menschen kündigen, ist oftmals gar nicht die Arbeit an sich, sondern die Beziehungen zu Vorgesetzten und Kolleg:innen. Es ist also nicht zu unterschätzen, welchen Einfluss der Umgang untereinander bei der Arbeit darauf hat, ob du diese als erfüllend wahrnimmst oder jeden Tag voller Ungeduld dem Feierabend entgegenfieberst.

 

Photo by Ryan Snaadt on Unsplash.com

 


Warum fällt es vielen Menschen so schwer, Erfüllung im Beruf zu finden?

Vielleicht hast du dir beim Lesen bereits gedacht »Okay, wie soll ich nur einen Job finden, der all diese Faktoren erfüllt? Das ist gar nicht so leicht!« Und damit hast du natürlich Recht. Aber warum ist das so? 


Das derzeitige Bildungssystem

Weder das Schul- und Ausbildungssystem noch die Hochschulen und Universitäten sind ausreichend darauf ausgerichtet, jungen Menschen dabei zu helfen, ihre Talente, Stärken und Potenziale zu entdecken und Karriere-Entscheidungen zu treffen, die zu der eigenen individuellen Natur passen. Der Zeitraum, bevor wir unabhängig von unseren Eltern werden und eigenes Geld verdienen müssen, ist kurz. Er wird leider viel zu wenig dafür genutzt, uns selbst, unsere Interessen und Fähigkeiten in dem Maße kennenzulernen und verschiedene Tätigkeiten auszuprobieren, das notwendig wäre, um eine passende Berufsentscheidung zu treffen. Es ist demnach kein Wunder, wenn du selbst in deinen Zwanzigern oder Dreißigern noch gar nicht so genau weißt, was du eigentlich gut kannst.


Die Größe von Organisationen

Hinzu kommt, dass du den direkten Impact deiner Arbeit nicht immer spüren kannst, vor allem dann nicht, wenn du in einem größeren Unternehmen arbeitest. Selbst, wenn noch so viel Mehrwert und Gutes durch die Organisation geschaffen wird: Je größer und je internationaler einer Firma ist, und je spezialisierter die einzelnen Jobs sind, desto weiter entfernt sich der/die einzelne Mitarbeitende von den Menschen, die von der entsprechenden Arbeit profitieren. So leistet z.B. eine Controllerin bei einer weltweiten Entwicklungshilfe-Organisation einen äußerst sinnvollen Beitrag zu einer besseren Welt - doch von einem Büro in Berlin aus hat sie keinen direkten Bezug zu den Waisenkindern in Kolumbien, welchen ihre Organisation hilft. Das heißt, einen »sinnvollen« Job zu finden, ist das eine - diesen jedoch auch als sinnerfüllend zu erleben, ist nochmal etwas anderes.


Die Diskrepanz zwischen Bezahlung und gesellschaftlichem Mehrwert

Gleichzeitig steht die Bezahlung einer bestimmten Arbeit leider selten in einem angemessenen Verhältnis zu dem wahren Wert, der durch sie geschaffen wird. Denn auf unserem derzeitigen Arbeitsmarkt ist nicht der gesellschaftliche Mehrwert ausschlaggebend für den Lohn einer Arbeit, sondern die Anzahl der Menschen, die dazu qualifiziert sind, die entsprechende Tätigkeit auszuüben. Eine Reinigungskraft generiert zum Beispiel jeden einzelnen Tag einen enormen Mehrwert  - man stelle sich nur einmal vor, der Müll im Büro würde nicht entsorgt werden, die Schreibtische wären staubig, die Toiletten nicht geputzt, etc. Da jedoch eine größere Anzahl an Menschen dazu qualifiziert ist, diesen Job auszuüben, als beispielsweise dazu, die Finanzen eines internationalen Automobil-Großkonzerns zu managen, wird man in letzterer Position besser bezahlt. Und gerade die Jobs, die einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen, sind nicht selten bei NGOs, Stiftungen oder  kleinen Startups zu finden, welche meist über weniger finanzielle Mittel und Sicherheiten verfügen als beispielsweise die klassischen Großkonzerne der Metallindustrie oder der Finanzbranche.


Das Streben nach Prestige

Was uns die Suche nach einem sinnerfüllten Job außerdem erschweren kann, ist das Streben nach Status und Prestige, sowohl auf das Gehalt als auch auf die Stelle bzw. Position an sich bezogen. Eigentlich könnte alles so einfach sein: Wir würden uns einfach eine berufliche Tätigkeit aussuchen, die uns liegt, uns Freude bereitet und uns das Gefühl gibt, etwas Sinnvolles zu tun. Gleichzeitig sollte die Bezahlung natürlich unsere Bedürfnisse decken und noch Spielraum für Freizeit, Vorsorge und unsere Lebensträume lassen. Doch leider werden wir - etwa durch Werbung oder die in unserer Gesellschaft so weit verbreitete »Höher-Schneller-Weiter-Mentalität« - dazu verführt, immer noch »mehr« zu wollen. Der sinnerfüllte Job, der den finanziellen Bedarf deckt, ist dann »nicht mehr genug«. Wir neigen dann dann z.B. dazu, ein sehr viel höheres Gehalt zu wollen, als wir eigentlich bräuchten, oder andere Karrierewege einzuschlagen, als es unserem Naturell entspräche, weil wir andere damit beeindrucken möchten. Und da dies zumindest für die Mehrheit so normal zu sein scheint, braucht es eine gehörige Portion Selbstreflexion und Mut, bewusst in eine andere Richtung zu steuern und beispielsweise trotz Einser-Abi eine Ausbildung zum/zur Kinderpfleger:in zu machen oder eine Beförderung nicht anzunehmen, weil man mit seiner bisherigen Tätigkeit und dem Gehalt bereits zufrieden ist und eine Führungsposition eventuell mehr mentalen Stress und weniger Zeit für die Familie bedeuten könnte.

 

Allein sich dieser Schwierigkeiten bewusst zu werden, kann schon ein riesiger Schritt in Richtung deines Traumjobs sein. Es gibt jedoch noch weitere ganz konkrete Tipps, die wir dir dazu mit auf den Weg geben möchten.

 

Photo by Marten Newhall on Unsplash.com


Was kann ich tun, um einen erfüllenden Job mit Sinn zu finden?

Einige der oben angeführten Faktoren lassen sich erstmal nicht so schnell ändern. Auf lange Sicht werden wir zwar (hoffentlich!) als Gesellschaft sowohl ein potenzialorientiertes Bildungssystem kreieren als auch einen Wertewandel vollziehen - aber was kannst du konkret tun, bis es soweit ist? Es gibt zum Glück ein paar Dinge, die du bei der Suche nach einem sinnerfüllendem Job selbst in der Hand hast:


Akzeptiere deine Orientierungslosigkeit

Es ist völlig normal, sich angesichts der Berufswahl bzw. der beruflichen Neuorientierung überfordert und verwirrt zu fühlen. Es gibt so unfassbar viele Optionen und nicht weniger Faktoren, die in diese Entscheidung mit hineinspielen. Verurteile dich also nicht selbst dafür, wenn du deinen sinnerfüllten Job noch nicht gefunden hast. Mache dir stattdessen bewusst, dass es sich manchmal auch um einen lebenslangen Prozess handeln kann, die eigene Berufung zu finden, und dass Orientierungslosigkeit, Umwege und Zwischenstationen ganz natürliche Bestandteile dieses Prozesses sind. 


Lerne dich selbst richtig gut kennen

Je besser du weißt, was du gut kannst, was dir Spaß macht und wo deine natürlichen Talente und Stärken liegen, desto leichter wird es dir fallen, gute Berufsentscheidungen zu treffen. Du kannst zu diesem Zweck z.B. Seminare besuchen oder auch mit einem/einer Karriere- oder Berufungscoach zusammenarbeiten. Nimm dir genug Zeit für den Prozess der Innenschau. Du kannst dir zum Beispiel immer ein paar Stunden am Wochenende dafür nehmen oder sogar ein Sabbatical machen. Eine gute Übung besteht darin, dir alles aufzuschreiben, was du früher als Kind gerne gemacht hast, was du auch jetzt noch gern in deiner Freizeit tust, über welche Themen du am liebsten sprichst und was deine Neugier weckt.


Erlaube dir, verschiedene Dinge auszuprobieren 

Praktika, Nebenjobs und Ehrenämter können dir dabei helfen, herauszufinden, wie sich bestimmte Jobs in der Realität anfühlen und inwieweit sie zu deinem Naturell passen. Lasse dich auch nicht durch Stimmen (im Innen und im Außen) verunsichern, welche dir einzureden versuchen, dass man einmal einen Beruf wählen und dann möglichst lange dabei bleiben müsse. Es ist in der heutigen Arbeitswelt ganz normal, dass wir im Laufe unseres Arbeitslebens immer wieder verschiedene Tätigkeiten ausüben werden. Bleibe also nicht länger in einem Job als es dir gut tut, nur »für den Lebenslauf« oder weil du »nicht schon wieder etwas Neues anfangen kannst«. Nur, wenn du unterschiedliche Dinge ausprobierst, wirst du herausfinden, was dir liegt und was nicht. 


Arbeite an dir selbst

 - und zwar nicht im Sinne von Selbstoptimierung, sondern im Sinne von Selbstliebe. Mache dir bewusst, dass du selbst schon durch deine Existenz genug bist und deine Karriere nicht dazu benutzen musst, irgendjemandem irgendetwas zu beweisen. Die Arbeit mit dem inneren Kind kann dir z.B. dabei helfen, unbewusste Glaubenssätze über dich und die Welt ans Licht zu bringen und aufzulösen. Denn erst, wenn Du deine (beruflichen) Entscheidungen unabhängig von deinen limitierenden Glaubenssätzen aus der Kindheit treffen kannst, bist du wirklich frei, das zu wählen, was du eigentlich möchtest und zu dir als Person passt.


Halte nach Problemen Ausschau

Das klingt vielleicht paradox - doch halte im Alltag deine Augen und Ohren offen für das, was dir und den Menschen in deinem Umfeld Probleme, Ärger oder gar Frustration bereitet. Denn jede gute Geschäftsidee basiert auf der Lösung eines Problems. Du kannst dir auch überlegen, was du besonders ungerecht findest, was dich wütend macht und was du am liebsten sofort verändern würdest - sei es soziale Ungerechtigkeit, Massentierhaltung oder die Verschmutzung unseres Planeten. Vielleicht findest du ja als Social Entrepreneur:in genau deinen Weg, der Gesellschaft zu dienen? 

 


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