Start with a Friend verbindet Geflüchtete und Locals: »Wir möchten Menschen nicht nur willkommen heißen, sondern gemeinsam eine gute Ankommenskultur leben«

Beim Tandem-Programm "Start with a Friend" begegnen sich Geflüchtete und Locals auf Augenhöhe und können sich gegenseitig bereichern. Darüber hinaus erhalten Geflüchtete Unterstützung im Alltag und werden durch regelmäßige Veranstaltungen in ihrer neuen Heimat in eine Gemeinschaft eingebunden.
Foto: © Start with a Friend
von Charlotte Clarke, 22. Juni 2016 um 05:31

Foto: © Start with a Friend

Das Team um Sarah Rosenthal, Gründerin von "Start with a Friend", fungiert dabei als Vermittler, welches Menschen mit ähnlichen Interessen zusammen bringt. Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann in der "Start with a Friend" (SwaF)-Academy eine Qualifizierung als Interkultureller Vermittler erwerben.

Worum geht es bei Start with a Friend? Wie ist die Idee zur Gründung entstanden?

Sarah Rosenthal: Start with a Friend ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die soziale Teilhabe von geflüchteten Menschen einsetzt. Wir sind überzeugt, dass Integration nur durch eine aktive Rolle in der Gemeinschaft gelingt. Aus diesem Grund stellen wir geflüchteten Menschen ehrenamtliche Unterstützer*innen (Locals) an die Seite, die sie 1:1 bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen in Deutschland unterstützen. Wir fördern Beziehungen, die persönlich, unkompliziert, langfristig und vor allem auf Augenhöhe sind. Gleichzeitig ist es uns aber auch wichtig, dass das Engagement bei Start with a Friend zeitlich flexibel ist. Wir wollten Strukturen schaffen, in denen sich auch Menschen, die beruflich oder familiär eingespannt sind, engagieren können.

Start with a Friend wurde 2014 durch eine Gruppe Ehrenamtlicher in Berlin gegründet. Die Idee entstand, als Franziska Birnbach selbst ein Tandem mit einem geflüchteten Syrer begann. Das Tandem war bereichernd und gleichzeitig herausfordernd. Sowohl auf fachlicher als auch emotionaler Ebene hätte sie sich einen weiteren Ansprechpartner gewünscht. Gemeinsam mit einem weiteren Freund entwickelten wir den Plan, Freundschaften zwischen Locals und geflüchteten Menschen zu stiften. Unser beruflicher Background half uns dabei: Franziska und Marten sind beide Juristen mit Schwerpunkt im Asylrecht, ich selbst bin Volkswirtin mit dem Schwerpunkt Integration und ausgebildete Kommunikationsmanagerin. Damit war der Grundstein für Start with a Friend gelegt und im Laufe des Jahres 2015 stießen immer weitere engagierte Ehrenamtliche zum Team dazu.

An welchen Standorten seid ihr bisher aktiv?

Rosenthal: Start with a Friend gibt es aktuell in Berlin, Freiburg und dem Hochschwarzwald, Köln, Oldenburg, Dresden und Hamburg. Weitere Standorte sind in Planung. Für uns steht der tatsächliche Bedarf nach einem Tandemprojekt im Vordergrund: Oftmals melden sich bereits bestehende Helferkreise oder interessierte Gruppen bei uns. Wir unterstützen die Engagierten dann beim Aufbau des neuen Standortes.

Wie finden Geflüchtete und Locals zusammen? Nach welchen Kriterien werden sie einander zugeordnet?

Rosenthal: Unsere interkulturellen Vermittler treffen jeden Geflüchteten und Local persönlich. Sie lernen den Menschen besser kennen und erfragen verschiedene Kriterien wie Wohnort, Interessen aber auch Bedarfe: Geht es der geflüchteten Person vor allem darum, neue Menschen kennenzulernen oder sein Deutsch zu verbessern, bedarf es Unterstützung bei der Wohnungssuche oder Behördengängen, gibt es Kinder, die gerne andere Kinder kennenlernen möchten? Je nach Bedarf und Interessen machen die interkulturellen Vermittler im Nachgang an die Treffen Vorschläge für ein geeignetes Tandem.

Foto: © Start with a Friend

Kann jeder bei euch Tandem-Partner werden? Wie viel Zeit muss ich dafür einplanen?

Rosenthal: Tandempartner kann jeder werden, der Lust auf Austausch hat und neue Menschen kennenlernen möchte. Uns ist es wichtig, dass die Offenheit für ein gegenseitiges Lernen voneinander besteht. Im Idealfall entsteht eine Freundschaft, in jedem Fall aber Verbindungen, die Netzwerke schaffen und Geflüchteten den Start in Deutschland erleichtern. Jeder sollte für sein Tandem circa zwei Stunden in der Woche einplanen, die Zeiteinteilung ist jedoch flexibel.

Wie können die persönlichen Treffen zwischen den Tandem-Partnern beispielsweise ablaufen? Welche Unternehmungen eignen sich besonders, um die Verbindung wachsen zu lassen?

Rosenthal: So unterschiedlich Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Tandembeziehungen. Bei einigen geht es stärker darum, dass der Local dem Geflüchteten bei Fragen im Alltag hilft, z.B. bei der Wohnungssuche. Andere möchten vor allem nette Menschen in Deutschland kennenlernen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass jedes Tandem individuell seinen eigenen Rhythmus findet – aber für ein erstes Treffen ist es meistens gut, sich in einem Cafe oder Park zu treffen. Aus der ersten Begegnung ergibt sich in den meisten Fällen ein Thema, welches das Tandem gemeinsam angeht.

Darüber hinaus bietet Start with a Friend regelmäßig Veranstaltungen, damit sich unsere Tandems untereinander noch besser kennenlernen. Das reicht vom gemeinsamen Freiluftkino-Besuch, über Erfahrungsaustausche mit Menschen, die vor vielen Jahren neu nach Deutschland gekommen sind bis hin zum gemeinsamen Feiern des Fastenbrechens im Ramadan. Und in den kommenden Wochen werden wir sicherlich viel Fußball gemeinsam schauen.

Wie wird euer Angebot bisher angenommen? Melden sich genauso viele Locals wie Geflüchtete an?

Rosenthal: Das Angebot wird sehr gut angenommen. Bisher konnten wir rund 600 Tandems zusammenbringen und die Nachfrage ist nicht rückläufig. Im Gegenteil: wir erhalten viele Anfragen aus Städten, in denen es Start with a Friend noch nicht gibt, was darauf hinweist, dass es einen großen Bedarf nach einem solchen Projekt gibt.

Großes Interesse besteht von beiden Seiten. Manchmal ist es erschütternd, wenn Geflüchtete uns schreiben, dass sie seit einem Jahr in Deutschland sind, sie aber mit noch keinem Local Kontakt hatten, der nicht Sozialarbeiter ist. Und auch von Seiten der Locals, hören wir oft, dass sie lange auf der Suche nach einer niedrigschwelligen aber nachhaltigen Form der Unterstützung waren, bei der sie fachlich und inhaltlich begleitet werden, sich die Zeit aber dennoch frei einteilen können.

Grafik: © Start with a Friend

Eine gelungene Integration von Geflüchteten ist gerade in der heutigen Zeit einer der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen. Wie kann das Konzept von Start with a Friend dazu beitragen?

Rosenthal: Wir glauben, dass Integration nur funktioniert, wenn man sich kennenlernt, austauscht und voneinander lernt. Im Fokus steht dabei immer das Konzept der Augenhöhe. Wir möchten Menschen nicht nur willkommen heißen, sondern gemeinsam eine gute Ankommenskultur leben. Start with a Friend bindet mit seinem niedrigschwelligen Ansatz viele Menschen mit ein. Dadurch erhält jeder die Möglichkeit, sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu engagieren. Nur durch ein derart flächendeckendes Engagement können viele Begegnungen zu einem gelingenden Miteinander beitragen.

Wie schützt ihr euch vor fremdenfeindlicher Konfrontation?

Rosenthal: Tatsächlich sind wir um dieses Thema bisher gut herumgekommen. Bis auf ein paar Trolle auf unserer Facebook-Seite ist die Resonanz auf Start with a Friend sehr positiv.

Was ist die Start with a Friend (SWAF) Academy?

Rosenthal: Start with a Friend versteht sich als Zusammenschluss engagierter Gesellschaftsgestalter. Die SwaF-Academy bietet Engagierten – ob mit oder ohne Fluchthintergrund – eine Plattform. Wir möchten jene qualifizieren und anerkennen, die sich als Multiplikatoren einsetzen, um unsere gemeinsame Wirkung zu vergrößern.

Die Qualifizierung findet in Form von Workshops statt. Hierfür haben wir gemeinsam mit anerkannten Trainern ein Qualifizierungskonzept entwickelt, das sich an die Bedürfnisse unserer Vermittler und der von Start with a Friend anpasst. Die in der Academy erlernten Tools kommen direkt in der Praxis bei Start with a Friend zum Einsatz. Sie treffen Locals und Geflüchtete persönlich und vermitteln Freundschaften basierend auf Interessen und Bedürfnissen.

Welche Fähigkeiten und Kompetenzen werden bei Ausbildung zum Interkulturellen Vermittler gefördert?

Rosenthal: Unsere Workshops vermitteln die Kernkompetenzen eines Interkulturellen Vermittlers im Bereich Flucht und Migration. Ziel ist es, ein multiperspektivisches und tiefgreifendes Verständnis der Fluchtthematik und Kommunikation zu entwickeln. Das Workshop-Angebot setzt sich aus den Themenbereichen Asylrecht und -politik, Projektmanagement, Mediation im Konflikt, Empathie und Achtsamkeit, Storytelling und politische Strategie zusammen. Gleichzeitig soll die Academy auch die persönliche Entwicklung jedes Teilnehmers bereichern. Start with a Friend begleitet die Vermittler in der Praxis und steht als zuverlässiger Ansprechpartner zur Verfügung. Gleichzeitig ist jeder Vermittler Teil des Teams und setzt sich als Botschafter für eine junge, innovative Organisation ein.

Welche Voraussetzungen muss ich als Teilnehmer erfüllen und wie kann ich mich für die SWAF Academy bewerben?

Rosenthal: Interessierte können sich direkt unter info@start-with-a-friend.de bewerben. Es werden fortlaufend Bewerbungen entgegengenommen. Voraussetzung ist ein Motivationsschreiben, aus dem deutlich hervorgeht, warum jemand Interkultureller Vermittler werden möchte. Ein Vorwissen in dem Bereich ist nicht erforderlich, wichtiger sind uns Offenheit und Eigeninitiative.

Weitere Infos zur SwaF-Academy gibt es auch auf unserer Website.

Mehr Infos und Eindrücke zum Projekt Start with a Friend sowie der SwaF-Academy unter:

start-with-a-friend.de

facebook.com/startwithafriend

twitter.com/teamswaf

instagram.com/teamswaf

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