Faires Bier von Quartiermeister– Mit jedem Schluck soziale Projekte in deiner Region unterstützen: »Wir wollen zeigen, dass Wirtschaft gut sein kann.«

Wie aus einem kleinen Verein ein soziales Unternehmen wurde, welches es mit den großen Bierbrauereien aufnehmen will – und dabei Gutes tut. Die Biermarke Quartiermeister fördert mit ihren Einnahmen konsequent soziale und kulturelle Projekte und schafft somit gesellschaftlichen Mehrwert und mehr Lebensqualität in Nachbarschaften. Erfahre im Interview alles über die einzigartige Erfolgsstory von Quartiermeister. Und – ein Prost auf korrektes Wirtschaften mit gutem Gewissen!
© Quartiermeister - korrekter Konsum GmbH
von Charlotte Clarke, 7. Juni 2022 um 07:47

Mit eurem Social Business Quartiermeister vertreibt ihr ein ganz besonderes Bier, das Gutes tut. Welche Vision verfolgt ihr mit eurem Projekt?

Annika Brümmer: Unsere Vision ist eine gemeinwohlorientierte Wirtschaft zum Wohle aller und Quartiermeister ist unser Weg, dieser Vision ein Stück näher zu kommen. Wir wollen zeigen, dass Wirtschaft gut sein kann. Dass eine Wirtschaft jenseits von Profitmaximierung und Wachstumszwang möglich ist, von der nicht nur einige wenige Menschen, sondern möglichst viele profitieren.

Wir verkaufen also Bier und geben einen Teil unserer Erlöse zurück in die Gesellschaft, indem wir soziale und kulturelle Projekte in der Region fördern, die offen sind für alle Menschen und diese zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Bislang konnten wir schon über 250.000 € in unsere Förderung investieren und mehr als 200 Projekte unterstützen. Diese haben ganz verschiedene Schwerpunkte und leisten großartige Arbeit. Wir fördern Anti-Rassismus-Projekte, Inklusionsprojekte, Mitmachgärten, Nachbarschaftsfeste, Trauerhilfen, Obdachloseninitiativen… ich kann die verschiedenen Bereiche gar nicht alle aufzählen.


Warum habt ihr euch ausgerechnet für das Produkt Bier entschieden?

Bier ist ein geselliges, soziales Produkt. Man trinkt es mit Freund:innen zum Feierabend oder im Feierkontext. Außerdem lässt sich Bier problemlos mit regionalen Zutaten herstellen. Prinzipiell ließe sich das Quartiermeister-Konzept jedoch mit jeglichem korrekt produzierten Konsumgut ersetzen.


Wofür steht aus eurer Perspektive der Begriff »Quartiermeister:in«?

Annika: Der Begriff »Quartiermeister« hat eigentlich eine militärische Bedeutung und bezeichnete einen Offizier, dessen Aufgabenbereiche u.a. die Versorgung der Truppen umfasste. Ein Quartiermeister ist derjenige, der sich um das Wohl der Truppe, für die Verpflegung oder um den Rastplatz sorgt.

Unsere Organisation macht im Prinzip das Gleiche: Mit Quartiermeister schaffen wir einen Mehrwert für die Menschen in unseren Nachbarschaften, indem wir soziale und kulturelle Projekte in unseren Quartieren in Form unserer Projektförderung an unserem Gewinn beteiligen. Diese Projekte wiederum eint, dass sie Menschen zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigen, also offen für alle sind.

Wir drücken also bereits im Markennamen aus, worum es uns geht.

Die Quartiermeisterin, das weibliche Pendant zum Quartiermeister, wurde 2017 geboren. Seitdem gendern wir alle Etiketten, um ein Zeichen für Gleichberechtigung und gegen Stereotypisierung, Stigmatisierung und Sexismus in der (Bier-)Werbung zu setzen.


Könnt ihr uns ein paar Beispiele für Projekte nennen, die durch euch ermöglicht und unterstützt werden? Und wie können sich neue Projekte für eine Förderung bewerben?

Annika: Wir haben bislang über 200 Projekte aus ganz verschiedenen Bereichen gefördert: Nachbarschaftsgärten, Anti-Rassismus-Projekte, Fahrrad-Initiativen, Schüler:innen-Patenschaften, Nachbarschaftsfeste, Projekte aus dem Bereich Inklusion oder Projekte für Obdachlose oder Geflüchtete. Eine Übersicht aller geförderter Projekte findet man hier auf unserer Homepage.

Die Bewerbung auf unsere Förderung findet ganz unkompliziert online über eine Bewerbungsmaske statt. Wir haben den Prozess bewusst niedrigschwellig gestaltet, so dass auch kleinere Projekte, die über weniger Man- und Woman-Power verfügen, sich ganz einfach bewerben können.

Unsere Förderung ist immer regional, das heißt, man kann sich als Projekt immer nur für die Förderung in der Region bewerben, in der das Projekt selbst auch seine Wirkungsstätte hat.

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist prüfen die Vereinsmitglieder aus dem jeweiligen Quartier die eingegangenen Anträge, filtern sie nach Gültigkeit und treffen eine Vorauswahl auf Basis verschiedener Kriterien. Anschließend findet auf unserer Homepage ein öffentliches Online-Voting statt, in dem alle Menschen abstimmen können, welche Projekte von der Förderung profitieren. Dass wir externen Menschen diese Wahl lassen, ist relativ einzigartig und unterstützt unseren Gedanken der Teilhabe und Partizipation.


Welche Werte sind euch bei der Gestaltung eures Geschäftsmodells besonders wichtig? Wie hoch ist der Anteil eurer Einnahmen, der in soziale und kulturelle Projekte fließt?

Annika: Wir haben sechs eigens definierte Quartiermeister-Prinzipien, an denen wir unser Geschäftsmodell ausrichten und an denen wir uns bei grundlegenden Entscheidungen orientieren: Social Profit, politisch, transparent, regional wirksam, partizipativ und unabhängig.

 Ich kann jetzt gar nicht genau sagen, welche Prinzipien (oder Werte) wir stärker bewerten als andere, allerdings ist das Prinzip »partizipativ« für das Gesamt-Projekt Quartiermeister ein sehr wichtiger Wert, der sich in allen drei Quartiermeister-Entitäten widerspiegelt (GmbH, Verein, Stiftung). Wir sind das einzige Unternehmen, das externe Menschen darüber entscheiden lässt, wie unsere Gewinne verteilt werden. Zumindest ist mir kein anderes Unternehmen bekannt.

Mit unserer Projektförderung fördern wir gesellschaftliche Teilhabe, also Partizipation, da die geförderten Initiativen offen für alle Menschen sind.

Unser Verein ist offen für alle, das heißt jede:r kann ein:e Quartiermeister:in werden und somit aktiv das Projekt Quartiermeister mitgestalten und daran mitarbeiten, wie sich Quartiermeister weiterentwickelt.

Der Wert Partizipation durchzieht sich wirklich wie ein roter Faden durch alle möglichen Bereiche bei uns.

Wir investieren 10 % unserer Roherlöse (das ist die Differenz aus Umsatz und Kosten für Produktion und Logistik) in unsere Projektförderung und dessen Koordination.


In welchen Städten und Regionen gibt es das Quartiermeister-Bier bereits? Plant ihr, euer Bier künftig bundesweit zu vertreiben?

Annika: Tatsächlich gibt es Quartiermeister bereits bundesweit zu kaufen, z.B. bei Alnatura. Dennoch bewegen wir uns vornehmlich in sogenannten »Quartieren«, nämlich Berlin, Leipzig, Dresden, Köln, Stuttgart, München und ein paar kleinere Regionen. Hier haben wir auch Vertriebler:innen oder Botschafter:innen, die aktiv unser Bier verkaufen. In den Quartieren setzen wir auch unsere Projektförderungen um. Aber ja, erklärtes Ziel ist, dass sich Quartiermeister zu einer bundesweiten Handelsmarke entwickelt.


Wo wird euer Bier gebraut und welche Kriterien haben euch bei der Auswahl der Brauerei geleitet? Warum braut ihr nicht selbst?

Annika: Wir arbeiten mit zwei unabhängigen Privatbrauereien zusammen: Der größte Teil Deutschlands (alle Bundesländer außer Baden-Württemberg und Bayern) wird von der familiengeführten Stadtbrauerei Wittichenau in der Oberlausitz versorgt, während die Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting bei München für den Süden produziert.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, mit unabhängigen und regionalen Brauereien zusammen zu arbeiten. Wir wollen so die kleinständische Bierbranche stärken, die dem Druck der industriellen Großkonzerne ausgesetzt ist.

Dass wir nicht selbst brauen, hat den einfachen Grund, dass eine Brauerei ein unglaubliches Investment bedeuten würde. Quartiermeister ist jedoch komplett unabhängig und frei von Investor:innen, die wir jedoch bräuchten, um eine eigene Brauerei zu finanzieren. Außerdem wollten wir die vorhandenen, regionalen Strukturen stärken, in denen wir selbst auch aktiv sind. Quartiermeister ist z.B. der größte Kunde der Stadtbrauerei Wittichenau. Die Brauerei ist eine Institution in Wittichenau und ein wichtiger Arbeitgeber. Wir freuen uns, dass wir als großer Kunde dazu beitragen können, dass die Region profitiert.


Auch wenn Bier als Genussmittel bei vielen sozialen Anlässen selbstverständlich dazugehört, kann der übermäßige Konsum von Alkohol auch großen sozialen Schaden anrichten. Wie geht ihr mit diesem Dilemma um?

Annika: Natürlich wissen wir, dass Alkohol nur bis zu einem gewissen Maß unbedenklich ist. Es ist nicht unser Anliegen, dass Menschen durch uns mehr Alkohol konsumieren. Unser Ziel ist vielmehr, eine gute Alternative zu bestehenden Bieren zu bieten. Der Biermarkt in Deutschland ist groß. Menschen trinken Bier. Warum nicht dann zu einer korrekten Alternative greifen, die sogar noch einen positiven Impact auf die Gesellschaft hat?

Unsere Kommunikation zielt nicht darauf ab, Menschen zum Biertrinken zu animieren, sondern ihren bisherigen Konsum mit einem sozialen Mehrwert zu verknüpfen. Wir positionieren uns also gar nicht unbedingt über das Produkt Bier, sondern vielmehr über den Social Impact.


Welche Menschen stecken hinter dem Projekt und wie ist die Idee entstanden?

Annika: Kopf und Ideengeber von Quartiermeister ist unser Gründer Sebastian Jacob. Er war 2010 auf der Suche nach einem Konzept, das soziales Engagement so einfach wie möglich macht, ohne mehr Zeit oder Geld dafür aufwenden zu müssen. Ihm kam der Gedanke, den Konsum eines Produktes mit einem gesellschaftlichen Mehrwert zu verknüpfen, einem Mehrwert der direkt vor Ort sichtbar ist. 

An einem Kneipenabend mit Freund:innen stieß er auf das Produkt Bier. Bier konsumiert man oft mit Freund:innen, es ist ein soziales Produkt, man unterhält sich gern darüber und es ist mit Emotionen aufgeladen. Bier trinken, Spaß haben und damit Gutes tun – eine nahezu perfekte Kombination. Die Idee von Quartiermeister war geboren. Zunächst lief Quartiermeister einige Jahre als eingetragener Verein auf rein ehrenamtlicher Basis. 2013 haben die damaligen Vereinsmitglieder Peter Eckert und David Griedelbach parallel zum Verein das Unternehmen gegründet. Die beiden sind nach wie vor die Geschäftsführer.



© Annika Brümmer
Über Annika Brümmer

Annika ist Medienkauffrau, Wirtschaftspsychologin und Ressourcenökonomin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit nachhaltige(re)n Konsumalternativen zum bestehenden konventionellen Überangebot und ist ständig auf der Suche nach Dingen, die die Welt ein kleines bisschen besser machen.

Seit über drei Jahren verantwortet Annika den Bereich Marketing & PR bei Quartiermeister. Eine Herzensangelegenheit, wie sie sagt, denn die »Kleinen« struggeln oft, sich gegen die Großen durchzusetzen. Mit ihrer Arbeit bei Quartiermeister möchte sie genau das erreichen. Einem Social Business eine starke Stimme nach außen verleihen, welches es locker mit den konventionellen Produkten aus dem Bierregal aufnehmen kann. Es müssen nur genügend Personen davon erfahren!


Neugierig geworden? Dann geht es hier lang zur Webseite von Quartiermeister.

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