Fachkraft im Entwicklungsdienst – Engagiert für Solidarität, globale Gerechtigkeit, Frieden und Nachhaltigkeit.

Im Rahmen des Entwicklungsdienstes und Zivilen Friedensdienstes können Fachkräfte zahlreicher Fachbereiche ihre Expertise für einen begrenzten Zeitraum dort einsetzen, wo sie am meisten gebraucht wird. Neben einer sinnstiftenden Tätigkeit wartet ein wahrer Schatz an neuen Erfahrungen auf sie. Doch welche Voraussetzungen sollten Fachkräfte im Entwicklungsdienst erfüllen und wie werden sie auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet? Was passiert nach der Rückkehr? Davon berichten hier Expert:innen der Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste e.V. sowie einige Rückkehrer:innen.
© GIZ / Stephan Härtel
von Charlotte Clarke, 17. Mai 2022 um 10:30

Dieser Gastartikel wurde verfasst von Silke Wesemann, Referentin für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit mit dem Schwerpunkt Rückkehrende aus dem Entwicklungsdienst, Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste e.V. (AGdD).


Fachkraft im Entwicklungsdienst / Zivilen Friedensdienst ist keine feststehende Berufsbezeichnung. Jährlich werden mehrere hundert Fachkräfte in einer Vielzahl von Bereichen gesucht, so zum Beispiel in Bildung, Gesundheit, Friedensentwicklung und Krisenprävention, Klimaschutz, Digitalisierung, Ernährungssicherung oder Menschenrechte und Demokratieförderung –  in Osteuropa, Asien, Afrika oder Lateinamerika. Die ausgeschriebenen Stellen sind sehr vielfältig und richten sich nach den Bedarfen der Partnerorganisationen im Einsatzland. Dabei stehen der Solidaritätsgedanke und die Idee von gleichberechtigter Partnerschaft im Vordergrund. Frieden und soziale Gerechtigkeit sind Leitmotiv eines jeden Entwicklungsdienstes.  

Im Entwicklungsdienst geht es darum, Lernprozesse anzustoßen und Veränderungen herbeizuführen, die den Partnerorganisationen und ihren Gemeinschaften zugutekommen. Entwicklungsdienst stellt aber auch eine Lernerfahrung für die Fachkräfte selbst und die deutsche Gesellschaft insgesamt dar. Eine wichtige Voraussetzung, um einen Entwicklungsdienst zu leisten, ist die Bereitschaft zum solidarischen Engagement.

Die Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste e.V. (AGdD) ist der Dachverband für die Organisationen in Deutschland, die Fachkräfte für Kooperationsprojekte im Ausland einsetzen. Sie setzt sich dafür ein, die politischen Rahmenbedingungen für dieses Engagement im Entwicklungsdienst zu stärken.
 

Stellen im Entwicklungsdienst

Die Stellen im Entwicklungsdienst gestalten in Deutschland sieben staatlich anerkannte Träger, die in der AGdD zusammengeschlossen sind:

  •       AGIAMONDO e.V.,
  •       Dienste in Übersee gemeinnützige GmbH (Dienste in Übersee),
  •       COWORKERS – Christliche Fachkräfte International e.V.,
  •       Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH,
  •       Weltfriedensdienst e.V.,
  •       Eirene – Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V. und
  •       Forum Ziviler Friedensdienst e.V., forumZFD.

Jeder Träger hat einen spezifischen entwicklungspolitischen Ansatz und eine eigene Arbeitsweise.

Die Projektziele und Aufgabenbeschreibungen für die Fachkräfte werden von den Trägern mit Partnerorganisationen und anderen Stakeholdern erarbeitet und verhandelt. Dabei folgen sie unterschiedlichen Verfahren: Oft geht der Entstehung eines Arbeitsplatzes die Anfrage einer lokalen Organisation voraus; einige Träger entwickeln eigene Projekte und Programme, in denen sie Fachkräfte einsetzen. Letztlich entstehen Stellen für Fachkräfte im Entwicklungsdienst auch in Vorhaben Dritter, das heißt, sie sind in eine Kooperation eingebettet.

Ein typischer Arbeitsalltag einer Fachkraft im Entwicklungsdienst lässt sich aufgrund der vielfältigen Arbeitsbereiche schwer beschreiben. Die Aufgaben, die Standorte und die Rahmenbedingungen vor Ort sind sehr unterschiedlich, so dass jede Fachkraftstelle anders aussieht.
 

Voraussetzungen für einen Entwicklungsdienst

Entwicklungsdienst kann man in jeder beruflichen Phase leisten – mit 30 oder noch im Alter von 60 Jahren. Voraussetzung ist idealerweise ein Hochschulabschluss und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im gesuchten Fachbereich. Außerdem eine EU-Staatsbürgerschaft. Englisch ist Grundvoraussetzung für den Einsatz, je nach Ort wird meist eine weitere Sprache benötigt, z.B. Französisch oder Spanisch. Fachkenntnisse im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit werden in der Regel nicht vorausgesetzt.

Wer als Fachkraft im Entwicklungsdienst arbeiten möchte, sollte sich mit dessen Zielen und Werten identifizieren können: Solidarität, globale Gerechtigkeit, Frieden und Nachhaltigkeit. Einige Stellen im Entwicklungsdienst werden zudem von kirchlichen Trägern angeboten; je nach Projektplatz kann die Zugehörigkeit zu einer der christlichen Konfessionen und die Identifizierung mit der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit und den Zielen eines kirchlichen Personaldienstes eine Rolle spielen.

Wichtig für die Arbeit als Fachkraft sind Engagement und Offenheit, außerdem die Bereitschaft, für eine befristete Zeit über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, fremde Kulturen und Lebensbedingungen kennenzulernen und sich auf diese einzulassen. Auch Frustrationstoleranz, soziale Kompetenz, hohe Flexibilität und Belastbarkeit sind gefragt sowie ein entspannter Umgang mit Einschränkungen, z.B. in Bezug auf technische Kommunikationsmöglichkeiten, Konsumgewohnheiten und Freizeitgestaltung.

Für ihren Einsatz (der mindestens ein Jahr, in der Regel jedoch zwei bis drei Jahre dauert) bekommen Fachkräfte im Entwicklungsdienst ein Unterhaltsgeld und sind sozial abgesichert – während des Dienstes und bei ihrer Rückkehr nach Deutschland bzw. Europa. Dafür sorgt das weltweit fast einzigartige Entwicklungshelfer-Gesetz. Der Einsatz lohnt sich auch für die Fachkräfte, denn im Entwicklungsdienst erweitern sie ihre persönlichen und beruflichen Kompetenzen.
 

Photo by Kyle Glenn on Unsplash

Gut vorbereitet in den Dienst

Zu jedem Entwicklungsdienst gehört eine intensive Vorbereitungszeit durch die Träger. Die Vorbereitung findet in den verschiedensten Formaten statt – es gibt Seminare, Workshops, Gruppengespräche, Selbststudium und Fachberatungen, in denen praxisbezogen und authentisch das notwendige Wissen für den geplanten Einsatz vermittelt wird. So geht es unter anderem um organisatorische Fragen der Ausreise, um gesundheitliche und landesspezifische Aspekte, um (Grund-)Kenntnisse der Landessprache und -kultur sowie um fachliche und methodische Fragestellungen. Die Vorbereitung kann mehrere Monate dauern und umfasst auch Angebote für die Familie.
 

Unterstützung bei der Rückkehr

Rückkehrende Fachkräfte haben neue Kompetenzen und Wissen gesammelt und kommen mit einem Schatz an Erkenntnissen zurück. Gleichzeitig müssen sie sich neu orientieren, denn auch im Heimatland hat sich einiges verändert. Die Herausforderung ist nun, beide Welten miteinander zu verbinden.

Der Rückkehrprozess ist – wie die Vorbereitung – Teil des Entwicklungsdienstes und findet im Entwicklungshelfer-Gesetz entsprechend Berücksichtigung. Der § 12 des Gesetzes legt fest, dass nach Deutschland (oder Europa) zurückgekehrte Fachkräfte, die einen neuen Arbeitsplatz suchen, »unter Berücksichtigung der besonderen Erfahrungen und Erkenntnisse […] vermittelt und beruflich gefördert werden« sollen. Seit 1969 liegt diese Aufgabe beim Förderungswerk, das seit vielen Jahren zur AGdD gehört. Das Förderungswerk ist Anlaufstelle für Fachkräfte aller Dienste. Hier bekommen sie umfangreiche Informationen zur Rückkehr und zum beruflichen Wiedereinstieg auf verschiedenen Kanälen: Über das Online-Portal, die Zeitschrift transfer, in der individuellen Beratung sowie in Seminaren und Webinaren. Die wichtigsten Inhalte sind Kompetenzbilanzierung, berufliche Orientierung, Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, Bewerbung und Weiterbildung.
 

Entwicklungsdienst – eine Erfahrung fürs Leben

So unterschiedlich, wie die einzelnen Stellen im Entwicklungsdienst beschaffen sind, so vielfältig sind auch die Erfahrungen, die Fachkräfte mitbringen. Viele nennen »interkulturelle Kompetenz«, »einen anderen Blickwinkel kennenlernen«, »Verständnis für andere Lebensweisen bekommen« als bereichernde Erfahrung. Andere fühlen sich als »Brückenbauer:innen« oder betonen »das gemeinsame Lernen«. Diese Statements stammen aus einer Studie von 2017 »Entwicklungsdienst qualifiziert – wie Fachkräfte lernen und Kompetenzen entwickeln«, in der die AGdD den Dienst als Lernort untersucht hat.

In einer weiteren Studie der AGdD von 2021 »Vor und nach dem Entwicklungsdienst: Eine quantitative Studie unter Rückkehrer:innen 2011-2020« wurden u.a. berufliche und persönliche Bilanz der zurückgekehrten Fachkräfte untersucht.

Die Antworten auf die Frage, was das Wertvollste ist, das Fachkräfte aus dem Entwicklungsdienst mitgenommen haben, machen deutlich, dass viele den Entwicklungsdienst als einen besonderen und bereichernden Lebensabschnitt wahrnehmen.

So sagt ein Studienteilnehmer:

 »Die beiden Jahre waren für mich mit die schönsten und wertvollsten im Leben. Ich habe durch persönliche Begegnungen enorm viel darüber gelernt, wie Menschen unter anderen Umständen, mit anderen materiellen Voraussetzungen leben und glücklich sein können.«

Und auch in beruflicher Hinsicht hat er wertvolle Erfahrungen gesammelt:

»Durch den Entwicklungsdienst ist mir der berufliche Einstieg in das Feld der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe gelungen, den ich mir gewünscht hatte.«

Eine andere Rückkehrerin bilanziert:

»Entwicklungszusammenarbeit war für mich ein eye opener meiner Sicht auf die Welt: Alle wollen das gleiche: in Ruhe und Frieden leben; ich habe wunderbare persönliche Bekanntschaften/Freundschaften geschlossen; und das Gefühl, einem kleinen Teil ‚wirklich‘ geholfen zu haben.«

Und ein weiterer Rückkehrer hat – wie viele andere auch – im Entwicklungsdienst eine Familie gegründet:

»Ich bin als Junggeselle gegangen und mit einer multikulturellen Familie zurückgekehrt. Mein Horizont hat sich unglaublich erweitert.«


Weiterführende Links

Mehr Informationen zum Dachverband der Träger des Entwicklungsdienstes Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste, AGdD



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