Diese Episode ist Teil der Reihe »Podcast für Quereinsteiger und ehrliche Bewerber« von BewerbungsUnikate.
Die wichtigsten Key Learnings dieser Podcast-Folge in Kürze
In dieser Episode spricht BewerbungsCoach Christian B. Rahe-Helmerichs mit Tanja Lechner. Sie ist seit 10 Jahren selbstständig in der Personalvermittlung von Ingenieur*innen und Techniker*innen, vor allem für Fach- und Führungskräfte in der Automobil-, Maschinenbau- und Baubranche, tätig.
Ein Großteil der heutzutage ausgeschriebenen Stellenausschreibungen wird von Personalvermittlungen gemanaged - was zeigt, dass es mittlerweile sehr viele Personalvermittlungsagenturen und selbstständige Personalvermittler*innen gibt. Tanja Lechner weist darauf hin, dass es darunter leider viele »schwarze Schafe« gibt, die derartige Dienstleistungen anbieten, ohne es jedoch wirklich gelernt zu haben – dies könnte der Personalvermittlungs-Branche ihren teilweise schlechten Ruf eingebracht haben. Dazu trägt auch bei, dass viele qualifizierte Fachkräfte in Karriere-Netzwerken wie Xing und LinkedIn mit Angeboten von Personalvermittler*innen regelrecht überschwemmt werden und diese teils stark standardisierten Nachrichten gar nicht erst beachtet werden – was die Arbeit auch für wirklich gute und seriöse Agenturen nicht gerade einfacher macht.
Doch woran erkenne ich als Jobsuchende*r eine gute Personalvermittlung und lohnt es sich überhaupt, Personalvermittlungsagenturen aktiv zu kontaktieren?
Tanja Lechner empfiehlt, darauf zu achten, ob sich der*die Personalvermittler*in an der Motivation hinter deiner beruflichen Veränderung interessiert zeigt und nach deiner Geschichte, deinen Bedarfen und Ambitionen fragt – kurz gesagt: Der*die Kandidat*in sollte als Mensch im Fokus stehen. Personalvermittlungen, die schnelles Geld machen wollen, vergleichen oft nur oberflächlich die »harten Fakten« bzw. Qualifikationen im Lebenslauf mit den Anforderungen der Stellen. Gute Personalvermittler*innen hingegen beachten, dass auch andere, persönliche Faktoren eine ganz zentrale Rolle spielen und dass Kandidat*in und Arbeitgeber langfristig glücklich miteinander werden – denn ein vorschnelles Matching würde im schlimmsten Falle allen Beteiligten schaden.
Tanja Lechner kennt die Arbeitgeber, mit denen sie oftmals schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet, ganz genau und weiß z.B. über die Abläufe, Entscheidungsprozesse und Unternehmenskultur in einzelnen Unternehmen Bescheid. So kann sie schnell erkennen, ob ein*e Kandidat*in menschlich in das spezifische Unternehmen passt und sieht andernfalls bewusst von einer Vermittlung ab – auch wenn eine rein fachliche Eignung theoretisch gegeben wäre.
Genau hier kann für Bewerber*innen der große Vorteil bestehen, mit Personalvermittlungen zusammenzuarbeiten: Denn als Jobsuchende*r bleiben mir als Informationsquelle oftmals nur die Selbstdarstellung in den Stellenanzeigen und die Internetauftritte der Unternehmen – die in Bezug auf die Unternehmenskultur oftmals wenig aussagekräftig sind und sich mehr oder weniger leerer Floskeln wie »flache Hierarchien«, »engagiertes Team« o.Ä. bedienen.
Die Tatsache, dass gerade viele große Konzerne mit gleich mehreren Personalvermittler*innen zusammenarbeiten und »verdeckt« suchen, das heißt, in der Stellenbeschreibung noch nicht einmal der Name des Unternehmens genannt wird, macht die Informationsbeschaffung für Jobsuchende noch herausfordernder. Daher ist es Tanja Lechner wichtig, dass sie bei Rückfragen der Kandidat*innen trotzdem einiges über das Unternehmen erzählen kann – ohne den Firmennamen preiszugeben. So kann die*der Jobsuchende für sich besser beurteilen, ob die Firma passt. BewerbungsCoach Christian B. Rahe-Helmerichs rät hier in der Zusammenarbeit mit Personalvermittler*innen, etwa nach der Teamstruktur, dem Altersgefüge und den persönlichen Erwartungen der Vorgesetzten zu Fragen.
Leider machen viele Jobsuchende die Erfahrung, dass weder Personalvermittlungen, noch eigene, firmeninterne HR-Abteilungen dazu wirklich Auskünfte geben können oder wollen. Laut Tanja Lechner könnte die Ursache hier schlicht der Zeitmangel sein, mit dem viele HRler*innen kämpfen – sie haben, neben den zahlreichen anderen Aufgaben, verständlicherweise einfach nicht die zeitlichen Ressourcen, um jedem*jeder Kandidat*in am Telefon eine halbe Stunde etwas über die Firmenkultur zu erzählen. Genau hier sieht Tanja Lechner jedoch die Verantwortung der Personalvermittlungen: Die Kandidat*innen gut und umfassend zu beraten, gehört zu den Aufgaben der Personalvermittler*innen.
Dabei sieht Tanja Lechner die Perspektive sehr kritisch, wenn offene Stellen – ähnlich wie es im Vertrieb und Marketing mit Produkten passiert – in Form eines »Verkaufsgespräch« an Bewerber*innen herangetragen werden. Tanja Lechner betont, dass es hier eben nicht um Waren geht, sondern immer Existenzen dahinter stehen, und möchte niemandem einen Jobwechsel »aufschwatzen«, der eigentlich zufrieden mit der aktuellen Situation ist.
Ein weiterer großer Vorteil an der Zusammenarbeit mit Personalvermittler*innen ist, dass sie oftmals über Stellen Bescheid wissen, die von den Arbeitgebern gar nicht auf öffentlichen Kanälen ausgeschrieben werden. Zudem haben sie durch ihre Gespräche mit den Unternehmen Zugang zu Insider-Wissen, z.B. dass bald eine bestimmte Stelle frei wird, und können passende Bewerber*innen vermitteln, bevor der Job ausgeschrieben wird.
Zukunft der Personalvermittlungen
Aus der Sicht von Tanja Lechner steht auf dem Arbeitsmarkt gerade eine Art Generationswechsel an, im Zuge dessen Social Media und Online-Plattformen auch für das Recruiting immer wichtiger werden. Bei den Unternehmen lässt sich das Aufkommen eines Trends beobachten, bei dem vielversprechende Kandidat*innen schon sehr früh gezielt angesprochen werden – jedoch nicht direkt mit einem Jobangebot, sondern mit der Einladung, Teil eines langfristigen Netzwerks bzw. einer Community zu werden, innerhalb der man sich erst einmal austauscht und kennenlernt, bevor es irgendwann evtl. zu einem Jobangebot kommt. Sollte sich dieser Trend weiter durchsetzen, könnte die Personalvermittlung, wie sie heute stattfindet, mehr oder weniger obsolet werden, so dass sich die Branche vermutlich auf veränderte Bedingungen einstellen muss.
Eben aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Social Media könnten Personalvermittler*innen künftig eine stärkere Rolle als Social Media Manager*innen einnehmen – nur dass die Follower*innen-Zielgruppe hier nicht Käufer*innen sind, sondern potentielle neue Mitarbeitende. Ihre Aufgabe wäre hier, mit Talenten ins Gespräch zu kommen, sie nachhaltig an die Kanäle zu binden und sie auch für die Firma zu begeistern. Zu solch einem stetigen, langfristig ausgelegten Beziehungsaufbau gehört natürlich sowohl eine gute Portion Überzeugungskraft als auch das notwendige Feingefühl.
Arten der Personalvermittlung
Grundsätzlich lässt sich die Branche in vier Gruppen einteilen: Personalberatung, Personalvermittlung, Zeitarbeit und Headhunting.
Die Personalberatung arbeitet eher innerhalb der Betriebe und begleitet temporär z.B. personelle Umstrukturierungen oder die Einrichtung einer eigenen Personalabteilung.
Sowohl Personalvermittlungen als auch Zeitarbeitsfirmen suchen im Auftrag ihrer Kunden nach geeigneten Mitarbeitenden. Bei der Personalvermittlung gehen die Bewerber*innen jedoch immer eine Festanstellung direkt bei dem Arbeitgeber ein, was bei der Zeitarbeit (Arbeitnehmerüberlassung) bekanntlich ja nicht der Fall ist.
Beim Headhunting liegt der Fokus sehr stark auf der aktiven Suche und der direkten Ansprache von vielversprechenden Kandidat*innen. Unter Umständen kann es sich, besonders für Führungskräfte, jedoch auch für Bewerber*innen lohnen, auf Headhunter*innen zuzugehen und sich in ihren Kandidat*innen-Pool aufnehmen zu lassen.
Kostet es mich als Bewerber*in etwas, mit einer Personalvermittlung zusammenzuarbeiten?
In aller Regel werden Personalvermittler*innen von den Arbeitgebern bezahlt und die Dienstleistungen sind für die Jobsuchenden komplett kostenlos.
Tipps für Jobsuchende
Tanja Lechner rät dazu, beim Anschreiben sehr bewusst darauf zu achten, dass für die Personaler*innen deutlich wird, warum man sich für diese Stelle besonders eignet – es geht also darum, kurz und knackig die Qualifikationen und Erfahrungen hervorzuheben, die für die ausgeschriebene Stelle besonders passend und relevant sind.
Beim Lebenslauf ist darauf zu achten, dass alle relevanten Informationen zu den bisherigen Stationen hier sofort zu finden sind (kurze Beschreibung der wichtigsten Aufgaben und Verantwortlichkeiten in Stichpunkten, in höheren Positionen auch Erfolge / Budgetverantwortung). Keine Verweise auf Arbeitszeugnisse! Denn diese werden nur angeschaut, wenn der Lebenslauf ansprechend ist. Dieser wird von 75 % der Personaler*innen – noch vor dem Anschreiben – zuallererst gelesen.
In Bezug auf persönliche Eignung findet man oftmals die gleichen Erwartungen, z.B. Teamfähigkeit oder Durchsetzungsvermögen. Exakt diese Formulierungen findet man dann auch in den Bewerbungsanschreiben, womit sich die Bewerbung kaum von anderen abhebt und wenig aussagekräftig wirkt. Auch wenn es natürlich sinnvoll ist, auf die Anforderungen des Arbeitgebers einzugehen, raten unsere beiden Expert*innen dazu, sich vor allem auf eine überzeugende und doch authentische Art selbst zu beschreiben. Sehr hilfreich kann dabei sein, sich dafür zuerst ein wenig selbst zu reflektieren und die eigenen Werte, Stärken und persönliche Motivation genau benennen zu können.
Wenn Du mehr über Tanja Lechner erfahren oder mit ihr zusammenarbeiten möchtest, besuche gerne die Webseite der ITF-Vermittlung oder Tanja Lechners LinkedIn-Profil.
Und hier geht es lang zur Homepage von BewerbungsCoach Christian B. Rahe-Helmerichs.
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